Der Stein kommt runter

Das nächste Mal fahre ich wieder mit dem Auto, ruft einer, Sauerei hier! Ein anderer packt ein Radio aus. Gemeinsam hören wir den letzten Vorbericht zum Spiel, die Aufstellung, die Tabellensituation, Chancen, Risiken. Jedes Fußballspiel wird analysiert, als ginge es um die Zukunft eines mitteleuropäischen Staats. Bei Hungerkatastrophen in Afrika oder Sinnfluten in Asien werden weniger Worte gemacht.

Im Radio läuft jetzt Werbung. Die Stimmung in unserem Abteil fällt auf den Tiefpunkt. Ich freue mich auch, dass ich dich als Freund habe, sage ich zu Stein. Schon Wahnsinn, was wir alles zusammen erlebt haben! Aber was zu trinken könnte ich langsam vertragen.

Stein stimmt mir nickend zu und schlägt vor, die Türen zu öffnen und über die Gleise zu springen. Da drüben ist eine Kneipe. Er deutet nach rechts. Die zeigen das Spiel bestimmt im Fernsehen.

Geht sicher gleich wieder los, versuche ich ihn zu beschwichtigen.

Ich habe keine Lust, hier auf diesen trostlosen Gleisen mein Leben auszuhauchen. Spiel hin, Spiel her.

Tatsächlich ruckt der Zug an. Johlen folgt als Reaktion. Im nächsten Moment stehen wir aber schon wieder. Eine Durchsage: Sehr verehrte Fahrgäste, es handelt sich nicht um eine, sondern mehrere Personen auf der Fahrbahn. Wir sind bemüht, die Situation schnellstmöglich zu klären, und unsere Fahrt fortzusetzen. Wir bitten um ihr Verständnis.

Was soll diese Scheiße, ruft Stein. Sein Blick ist auf einmal wutverzerrt. Soll das eine Demo sein oder ne verfickte Kunstaktion? Was haben diese Arschlöcher auf den Gleisen zu suchen?

Vielleicht ein kollektiver Selbstmord, schlage ich vor. Eine Sekte oder so was.

Stein muss lachen. Ich auch und weiß nicht so recht warum. Wahrscheinlich bin ich nur froh, dass ich Stein wieder runtergebracht habe. Er wird manchmal unangenehm cholerisch.

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